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Ein Netz nachbarschaftlicher Hilfe


Bachletten

Im Bachletten-Quartier ist ein Netz nachbarschaftlicher Hilfe entstanden. Der Grundstein für die Solidarität wurde durch die Aktivitäten gegen das "Bachlettendreieck" zu Beginn der achtziger Jahre gelegt.

Maria d’Aujourd’hui-Schucan, die Präsidentin des Neutralen Quartiervereins Bachletten, wohnt seit 34 Jahren an der Bachlettenstrasse und ist Anfang der achtziger Jahre für die Belange des Quartiers sensibilisiert worden. Das war zu jener Zeit, als Ruedi Reisdorf 14 Häuser gekauft hatte, die abgerissen und einem Bürokomplex mitsamt Einstellhalle für die Fracht AG weichen sollten ­ ein Eingriff in das Quartier, der in die Geschichte einging.
D’Aujourd’hui: "Zunächst waren wir erstaunt. Und dann erschraken wir, als wir realisierten, was dies für uns bedeutet: Gemütliche, preisgünstige Wohnungen, die verschwinden, alteingesessene Bewohner, die gehen müssen, Eindringen eines Bürokomplexes in ein intaktes, ruhiges Wohnquartier." Es folgten Versammlungen, an denen das weitere Vorgehen diskutiert wurde. Eine nie gesehene Zusammenarbeit begann. "Es entwickelte sich", so d’Aujourd’hui, "eine starke Solidarität", die in die Formulierung einer Initiative zur Erhaltung der Wohnhäuser mündete. Finanziert wurde der Abstimmungskampf mittels Quartierfestivitäten, was zu einer Intensivierung des Zusammenhalts und zu neuen Freundschaften unter der Quartierbevölkerung führte.

Bewusstsein für Wohnlichkeit
Die Aktivitäten lagen in der Befürchtung begründet, dass mit der Realisierung des Baus Lebensqualität verlorenginge. d’Aujourd’hui: "Wir haben zehn Jahre mit allen legalen Mitteln gekämpft und versucht, das Projekt zu verhindern, doch ging die Abstimmung um 1000 Stimmen knapp verloren." Letztlich durfte Reisdorf bauen. Immerhin, glaubt d’Aujourd’hui heute, habe der Prozess ein Bewusstsein für die Wohnlichkeit gefördert und Immobilienhändler und Spekulanten zur Vorsicht gemahnt. Die Aktivitäten gegen das "Bachlettendreieck" haben jedoch noch weiteres bewirkt: Es entwickelten sich Beziehungen zwischen den Quartiersbewohnerinnen und -bewohnern, die sich in gegenseitigen Hilfestellungen ausdrückten. "Es hat sich", so d’Aujourd’hui, "so etwas wie ein Quartiersbewusstsein entwickelt."
Die vorwiegend kulturellen und geselligen Aktivitäten mündeten in die Idee, ein Quartiernetz aufzubauen. "Es handelt sich hier", schrieb d’Aujourd’hui im ersten Brief an die Quartierbewohnerinnen und -bewohner, "um eine praktische Dienstleistung, eine Vermittlung von Nachbarschaftshilfe, wie sie in anderen Städten schon lange funktioniert." Angeboten werden Hilfeleistungen in Haus und Garten, Ferienjobs, Kinderhüten, Mittagstisch für Kinder, für Ältere, für Alleinstehende, Krabbelgruppen, Elterntreffs, Nachhilfestunden oder Auto-Teilen.
Aufgebaut wurde das Netz auf den Erfahrungen und dem Quartiers-Potential, das sich in der Solidarität gegen das "Bachlettendreieck" ausgedrückt hatte. d’Aujourd’hui: "Es ging ja nicht darum, neue Probleme zu schaffen, sondern aus den aktivierten Energien etwas Neues zu kreieren." Das neue war die konkrete Hilfestellung im Quartier. Das Netz funktioniert ehrenamtlich, wobei es sich bei den Telefonansprechpartnerinnen und -partnern der Dienste vor allem um Frauen handelt.

"Öffentliche Treffpunkte fehlen"
Die Lebensqualität im Quartier erachtet d’Aujourd’hui mehrheitlich als gut: "Wir haben keine schwerwiegenden Probleme wie andere Stadtquartiere, doch fehlen öffentliche Treffpunkte und Begegnungsorte wie Quartierläden, Beizen, Säle usw. weitgehend." Das Netz, so glaubt d’Aujourd’hui, trage dazu bei, dass sich die Leute mit ihrem Quartier identifizieren. Nicht nur das: "Wenn man wieder ein grösseres Problem hat im Quartier wie damals das "Bachlettendreieck", so ist bereits ein Potential von Quartierbewohnerinnen und -bewohnern vorhanden, die sich kennen, die im guten Sinne praktischerweise miteinander zu tun haben und die wieder zusammengerufen werden können, um zu diskutieren, was zu tun ist und gegebenenfalls zu handeln."
Öffentlichkeit schafft der Quartierverein mit regelmässigem Versand an die rund 1000 Mitglieder. Ausserdem wird der "Dialog", die Zeitung des Quartiervereins, zweimal jährlich an 6500 Haushalte verteilt. Weiter informiert ein Schaukasten an der Kreuzung Schweizergasse/Oberwilerstrasse über die Aktivitäten des Vereins.

Christian Fink

(Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors; copyright Christian Fink 1997)

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