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Vereine versuchen es seit Jahren
Hirzbrunnen
Von der "Spitex" bis zum "Elch": Die sechsköpfige Trägerschaft
der Werkstatt Hirzbrunnen vertritt verschiedenste rührige Organisationen
im Quartier. "Ein bisschen ist es ja so, dass wir alle seit Jahren
versuchen, unsere Ideen einzubringen. Von der Basis hinauf. Jetzt
sind wir froh, dass die Regierung es aufnimmt."
Die das sagt, Kathrin Giovannone, ist selber wie so manche in
mehreren Organisationen aktiv dabei. Den Quartierverein Hirzbrunnen,
den sie in der Trägerschaft vertritt, nennt sich nicht so, sondern
Quartierversammlung, in Anlehnung an die Gemeindeversammlung.
So wird seit zehn Jahren versucht, die Leute "einzubinden" ins
Quartierleben. Frau Giovannone vertritt aber auch noch "Quart",
die Quartierzeitung, den VCS und die Grüne Partei.
"Es gibt Probleme"
Da sitzen sie also an einem Samstag morgen in den Langen Erlen.
"Ein Hauptthema in der Quartierversammlung ist der Verkehr." Tempo
30. Jemand schnitzte Holzfiguren spielender Kinder und bot anderen
einen Kurs an. Bei der Initiative für die Grünerhaltung des Bäumlihofs
wurde mitgemacht, beim Wettbewerb für das Behindertenheim an der
Riehenstrasse beraten. "Beim Migros-Neubau Eglisee, da haben
wir uns nicht gewehrt. Und als er stand, waren viele, die an der
Bäumlihofstrasse wohnen, verärgert."
Und das wird auch offen gesagt: Die Quartierversammlung hat nicht
viel mehr als 100 Mitglieder, "vielleicht darum, weil wir wenig
Probleme haben?" Das Fragezeichen steht da, weil der Aussage prompt
widersprochen wird. "Es gibt Probleme. Aber sie sind nicht vergleichbar
mit Problemen in anderen Quartieren. Wir ?suchen? sie sogar."
Henri Leimbacher von der IG Velo gehört zur Kirchgemeinde St.
Markus und vertritt auch die katholische Gemeinde St. Michael:
"Wir haben keine "Kasernenbauten", keine Wohnsilos, eine starke
Genossenschaft."
Daniel Oertli, Präsident der Spitex Hirzbrunnen, hebt die Überschaubarkeit
hervor. "Es sind klare Grenzen": Rhein, Wiese, Bäumlihof-Grüngürtel
und die DB. Aber, kommt schon der Einwand von anderen in der Runde
der Trägerschaft: Das Hirzbrunnen ist in der Längsrichtung mehrfach
zerschnitten durch stark befahrene Verkehrsachsen (Bäumlihof-,
Riehenstrasse).
Und an den Rheinacker, die Siedlung mit ehemaligen Sozialwohnungen,
wird erinnert: "Es gibt doch Probleme!" Aber sie würden von vielen
Bewohnern nicht wahrgenommen, "weil sie am Rande sind". Man will
in der Trägerschaft nicht "Heile Welt" vermitteln. "Natürlich
sind wir bevorzugt. Wir haben es einfach: Wenn wir keine Probleme
haben wollen, definieren wir das Quartier neu und sagen, es hört
auf bei der Allmendstrasse und der Wiese. Dann haben wir die Flüchtlings-Empfangsstelle
nicht und den Rheinacker."
Monique Gerber ist "Treffpunkt"-Leiterin im Rheinacker. Acht Jahre
ist sie dabei; "es brauchte lange, ihn aufzubauen." Das Ziel wäre
die Ausländer zu motivieren, "ihre nicht schöne Wohnsituation
mitzugestalten. Der Traum wäre eine Wohngenossenschaft. Es wird
immer von Problemen geredet, dabei ist das auch eine Chance: andere
Kulturen. Das Hirzbrunnen-Quartier ist, obwohl jung, eher konservativ,
bürgerlich. Ein Rheinacker ist eine Chance, dass man noch etwas
anderes vor den Augen hat als den eigenen Gartenhag."
Harald Schmid, der SP-Quartiervereinspräsident Clara/Wettstein/Hirzbrunnen,
lobt "die Vielfalt der kulturellen Gruppen im Hirzbrunnen", wendet
sich auch gegen die Ghettoisierung des Rheinackers, "wenn die
Wohnungen nicht saniert und immer nur Ausländer dorthin abgeschoben
werden".
"Wir vertreten uns"
Der "Elch" ist nicht im Tierpark Lange Erlen daheim. Marianne
Niederberger vertritt das Eltern-Kind-Zentrum im Allmendhaus.
Sie vertritt auch die Öko-Gruppe. An der Bäumlihofstrasse wurde
eine Hecke gepflanzt; sie wird auch betreut. "Wir vertreten uns",
definiert Henri Leimbacher die Trägerschaft für die Innovationswerkstatt
im Hirzbrunnen. "Wir sind Quartierbewohner. Und weil wir in einem
oder mehreren Vereinen sind, kennt jedes hundert andere Leute.
Nun geht es darum, sie aufzumuntern, mitzumachen."
Zu den Zielen der Regierung
für die Werkstätten tönt es beinah ein wenig ironisch: "Das haben
wir im Hirzbrunnen schon lange erkannt. Aber alle Probleme, für
deren Lösung man die Behörden braucht, konnten wir nicht lösen.
Und darum sind wir jetzt da. Weil wir gehört haben, dass die Regierung
mitmachen, mitschaffen will!"
Christoph Mangold
(Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Basler Zeitung; copyright
Basler Zeitung 1997)
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